FAQs zum Thema Kinder psychisch erkrankter Eltern


1. Wie viele Kinder und Jugendliche wachsen mit einem psychisch erkrankten Elternteil auf?

 

Mindestens 275.000 Kinder und Jugendliche wachsen mit einem psychisch erkrankten Elternteil auf. Wir sind also sehr viele, es redet nur kaum jemand darüber. Psychische Erkrankungen sind teilweise leider immer noch sehr stigmatisiert und die damit verbunden Themen sind nicht immer einfach anzusprechen. Wenn du in der Schule bist, durchs Einkaufszentrum streifst oder ein Konzert besuchst, stell dir vor: jeder sechste Jugendliche macht ähnliche Erfahrungen wie du, hat auch einen Elternteil mit einer psychischen Erkrankung. In einer Schulklasse mit 25 Kindern sind rund vier Kinder betroffen.

 

 

2. Was ist mit Mama oder Papa los?

 

Natürlich sind die eigenen Eltern auch nur Menschen wie du und ich. Das heißt, es gibt schlechte Tage und gute Tage. Trauer, Angst, Wut, Freude – das sind Emotionen, die uns alle begleiten. Manchmal merkt man aber, dass bei der eigenen Mutter/dem eigenen Vater irgendetwas anders ist als früher oder grundsätzlich etwas nicht stimmt. Das betrifft zum Beispiel veränderte Schlafgewohnheiten, Abläufe im Alltag, die es nicht mehr gibt, die Verfügbarkeit des erkrankten Elternteils oder sehr rasch wechselnde Stimmungen.

 

Wichtig ist, dass es nicht an dir liegt, einzuschätzen, ob es sich beim Verhalten deiner Mama, deines Papas um eine psychische Erkrankung handelt. Dafür gibt es professionelle Personen, wie Ärzt:innen und Psycholog:innen, die sich damit auskennen.

 

Doch der Schritt in Richtung professionelle Hilfe und Diagnostik kann manchmal sehr schwer sein. Oft ist es einfach ein Symptom der psychischen Erkrankung, dass man sich keine Hilfe holen kann oder möchte.

 

Und auch wenn bei deinem Elternteil bereits eine Diagnose vorliegt, kann es sein, dass sich Eltern trotzdem keine Hilfe suchen wollen. Auch in Phasen, in denen du das Gefühl hast, es wäre dringend notwendig.

 

Sprich mit jemanden über diese Sorgen und Gedanken. Sei es eine vertraute Person in der Familie/Verwandtschaft, der/die Schulsozialarbeiter:in, der/die Vertrauenslehrer:in oder eine professionelle Beratung, wie beispielsweise bei uns in der #visible Mailberatung. Unsere Berater:innen helfen dir gerne weiter.

 

 

3. Was kann ich für mich tun?

  • Schau auf dich und deine eigene Gesundheit. Gerade wir Kinder tendieren dazu, uns „hintenanzustellen“. Doch auch wenn Mama und/oder Papa gerade sehr viel brauchen, ist es besonders wichtig, was du brauchst. Das darf auch genauso kommuniziert werden. Du hast das Recht, in jeder Situation darauf aufmerksam zu machen, wie du dich fühlst und was gerade bei dir los ist. Immer. Gerne unterstützen wir dich auch, in dieser Situation die richtigen Worte gegenüber deiner Mutter/deinem Vater zu finden, sodass du dich sicher fühlen kannst.
  • Nimm dir Zeit für dein Leben: deine Hobbies, deine Freunde, deine Freizeit. Es mag sich manchmal falsch anfühlen, das Leben zu genießen, während daheim alles drunter und drüber geht. Das ist zu keinem Zeitpunkt unangebracht, sondern extrem wichtig für deine eigene psychische Gesundheit.
  • Es ist sehr hilfreich, jemanden zu finden, der ein offenes Ohr hat und für dich da ist. Das kann jemand aus der Familie sein, das können Lehrer:innen, Freund:innen, Schulsozialarbeiter:innen oder auch die Berater:innen von der #visible Mailberatung sein. Hör einfach darauf, was sich für dich richtig anfühlt. Oft unterschätzen wir, wie gut es uns tut, über die Situation und unsere Gefühle zu sprechen. Ein Beitrag in unserem Blog widmet sich genau diesem Thema.

 

4. Kann ich selbst erkranken?

  • Die Entstehung von psychischen Erkrankungen ist sehr komplex. Grundsätzlich geht man von einem Ansatz aus, der sich bio-psycho-soziales Modell nennt. Das heißt, dass biologische, psychologische und soziale Faktoren einen Einfluss haben. Genetische Faktoren können also eine Rolle spielen, genauso aber bisherige Erfahrungen, Erlebnisse und Einflüsse aus dem sozialen Umfeld. Sogar wenn auf allen Ebenen wenige Ressourcen vorhanden sind, heißt das nicht zwangsläufig, dass eine psychische Erkrankung entsteht.
  • Es kann sich manchmal trotzdem so anfühlen, als würde man selbst auch irgendwann das bekommen, woran der eigene Elternteil leidet. Wenn du merkst, dass dich diese Sorge sehr beschäftigt, sprich bitte mit jemandem darüber. Das sind keine Gedanken, für die man sich schämen müsste. Auch hier kann ein klärendes Gespräch Entlastung bringen und falls nötig erfährst du von Hilfsangeboten.

 

5. Was macht eigentlich die Kinder- und Jugendhilfe (Jugendamt/Jugendwohlfahrt)?

 

Die Kinder- und Jugendhilfe hat den Auftrag, auf die Wahrung der Rechte von Kindern und Jugendlichen zu achten. Sie bietet unterschiedliche Hilfestellungen für Familien an, die dafür sorgen sollen, dass die Kinder in ihrem eigenen Famiilienumfeld gut aufwachsen können. Ist dies aus verschiedenen Gründen nicht sichergestellt, ist es Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, für die Kinder außerfamiliär einen Ort zu finden (Pflegeeltern, Wohngemeinschaften o.ä.), wo das Wohlergehen der Kinder gewährleistet ist. Auch Probleme in den Bereichen Unterhaltszahlungen und Vaterschaftsanerkennung werden von der Kinder- und Jugendhilfe behandelt. 

 

 

6. Bin ich schuld an der Erkrankung von Mama oder Papa?

  • Wie oben bereits beschrieben wurde, ist die Entstehung psychischer Erkrankungen von vielen Faktoren abhängig. Wichtig ist uns, dir zu sagen: Dein Verhalten gegenüber deinem Elternteil oder auch, was du zu Mama oder Papa sagst, kann keine psychische Erkrankung auslösen.
  • Auch die Verschlechterung einer bestehenden Erkrankung kannst du nicht auslösen. Du trägst also mit Sicherheit keine Schuld.

 

7. Werden meine Eltern wieder gesund?

 

Ob deine Eltern wieder gesund werden, hängt einerseits von der Erkrankung und ihrem Verlauf, andererseits von professioneller Behandlung ab.

Therapie und Medikamente können helfen, wieder gesund zu werden. Unabhängig vom Verlauf und der Behandlung ist es zudem möglich, zu lernen, mit der Erkrankung und der Situation besser umzugehen, was für die ganze Familie erleichternd sein kann. Dabei können wir dich und deine Familie unterstützen. 

 

 

8. Darf ich aus meinem Elternhaus ausziehen? 

 

Wie alle jungen Menschen wirst auch du einmal von zu Hause ausziehen. Wie alle jungen Menschen wirst auch du einmal von zuhause ausziehen. Das Ausziehen aus dem Elternhaus mag sich manchmal wie eine riesige Hürde anfühlen. Was macht meine Mama nur ohne mich? Wird Papa es aus dem Bett schaffen, wenn er nicht einmal mehr für mich kochen muss? Wer passt dann auf das kleine Geschwisterchen auf? Das alles können Fragen sein, die einen mitunter beschäftigen. Diese Fragen sind natürlich alle überhaupt nicht einfach. Dennoch sollten sie einen nicht langfristig an das Zuhause binden. Ausziehen ist ein ganz normaler und wichtiger Schritt, der früher oder später jedem bevorsteht. Am besten ist es, du redest mit jemandem über deinen Wunsch, auszuziehen. Wenn du diese oder andere Fragen mit jemand Professionellem besprechen willst, kannst du dich natürlich auch gerne an unsere Berater:innen der #visible Mailberatung wenden.

 

Aber natürlich gibt es zahlreiche weitere Fragen, die sich Kinder und Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern stellen. Die Antworten darauf, können je nach den Gegebenheiten sehr unterschiedlich sein. Unsere Berater:innen der #visible Mailberatung nehmen sich gerne Zeit, deine Fragen und deine momentane Situation mit dir zu besprechen und Antworten auf deine Fragen zu finden.  

 

 

Mit diesen Fragen haben sich schon einige an uns gewandt: 

  • Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
  • An wen kann ich mich wenden, wenn es noch keine Diagnose gibt?
  • Wem kann/soll/darf ich von der Erkrankung meines Elternteils erzählen, was kann ich sagen, wenn ich danach gefragt werde und nicht antworten möchte? Wie erkläre ich meinen Freund:innen die Situation?
  • Wie soll ich meinen kleinen Geschwistern die Situation erklären? Soll ich sie überhaupt erklären?
  • Eine Unterbringung in der Psychiatrie – würde das bei meinem Elternteil in Frage kommen?
  • Soll ich mein Elternteil in der Psychiatrie besuchen?
  • Welche Informationen dürfen die Ärzte meines Elternteils an mich weitergeben? Wo greift die Schweigepflicht?
  • Braucht mein Elternteil eine Erwachsenenvertretung? Wie funktioniert das?
  • Wir haben Geldprobleme, wohin kann ich mich wenden?
  • Ich habe Angst um mein Elternteil, rufe ich die Rettung oder die Polizei an?
  • Sollte ich selber auch in Therapie gehen?
  • Muss ich kontrollieren, ob mein Elternteil die Medikamente richtig einnimmt?

Das sind natürlich nur ein paar mögliche Fragen. Was auch immer dich beschäftigt, kontaktiere unser Berater:innen-Team per Mail – hier gibt es keine Tabuthemen.

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