Der Weihnachtswahnsinn


Wenn ich an Weihnachten vor Corona denke, sehe ich hell und prächtig geschmückte Straßen, Punschstände mit unzähligen Punschmöglichkeiten und die wunderschöne Dekoration in den verschiedensten Geschäften. Der herrliche Geruch frisch gebackener Kekse steigt mir in die Nase. Weihnachten – die angeblich schönste Zeit des Jahres, die man mit seinen Liebsten verbringt. 

 

Eine typische Bilderbuchvorstellung. Sie trifft jedoch nicht auf jeden zu und vielleicht bist du genauso so betroffen wie ich. Meine Mutter ist schon seit ihrer Jugend an einer schizoaffektiven Störung erkrankt. Ein normales Leben, wie es in einem Buche steht, war also nie möglich. Ich wurde ihr bereits in jungen Jahren genommen und kam zu meiner Großmutter und meinem Vater. Es war auch nicht so einfach wie es sich anhört, aber sie haben versucht, mir eine möglichst schöne Kindheit zu ermöglichen. Nachdem meine Großmutter verstorben und der Kontakt zu meinem Vater verblasst ist, feiere ich kein Weihnachten mehr. Eigentlich feiere ich seit Jahren schon kein Weihnachten – unabhängig von diesen Faktoren. 

 

Warum? Vielleicht verstehst du das nicht, aber so ganz stimmt meine Aussage auch nicht.

Ich feiere nur kein Weihnachten wie oben beschrieben. Wo das Klischee besagt, dass man diesen Abend mit seiner Familie und seinen Verwandten verbringt. Ein Abend mit lauter lachenden Personen, die gemeinsam verrückte Weihnachtslieder singen und einen Truthahn essen. Obwohl warte, nein das wird in Amerika gemacht. Bei uns in Österreich wird vermutlich ein köstlicher Fisch serviert. Nach dem gemeinsamen Essen gibt es dann die traditionelle Bescherung. Der meist schönste Part von allem. Zumindest in unserer Kindheit, obwohl es eigentlich um das große Ganze geht. 

 

Nichtsdestotrotz – diese Art von Weihnachten feiere ich schon lange nicht mehr. Ich habe meine eigene Tradition gemacht. Und ich sage dir, es tut meine Seele gut. Wirklich! Ich hatte zwar teilweise ein verkorkstes Leben (vermutlich hat das eh jeder), aber ich habe wundervolle Freund:innen, die ich nie hergeben würde. Ich verdanke Ihnen so viel und sie sind meine Liebsten. Sie machen mir die Feiertage besonders. Wir haben es uns zur Tradition gemacht, uns an oder nach Heilig Abend zu treffen, gemeinsam zu kochen und Spiele zu spielen. Für jede/n, die oder der Lust hat. Natürlich habe auch ich einige Freund:innen, deren Leben viel einfach ablief, aber auch sie nehmen sich Zeit dafür. Es ist ein etwas anderer Abend, der aber mindestens genauso schön ist. 

 

Fragst du dich, was mit meiner Mutter ist? Sie ist natürlich immer noch in meinem Leben, aber ich lerne stetig, mir Grenzen zu setzen. Ich habe für mich selbst entschieden, dass ich sie gerne regelmäßig sehe, abhängig von ihrer psychischen Verfassung. Ich bin auch für sie da, aber ich möchte meine Feiertage dennoch so gestalten, wie ich es gerne habe. Heißt nicht, dass ich sie am 24. Dezember nicht sehe, es ist nur anders. Und anders ist ja nicht unbedingt schlecht. Es ist tatsächlich sogar gut so. Solange es für dich gut ist. 

 

Meine Message hier an dich ist, dass es trotz der Umwege, der Steine im Weg immer eine andere Möglichkeit gibt, es dir gerecht und schön zu machen. Es gibt Phasen, die nicht einfach sind im Leben und das wird es immer geben, aber vergiss in genau solchen Phasen nicht die Dinge, die du aufrichtig gerne machst. 

 

Ein Zitat, das ich dir gerne mitgeben möchte: „Die schönsten Blumen wachsen auf einem Scheiterhaufen.“ Du machst das, mach dir deine Feiertage für dich erträglicher!

 

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